Fruchtzucker – die Süße nicht nur in Früchten
Wenn man einmal die Frage nach einer gesunden Zucker-Art umdreht und nach dem schädlichsten Zucker fragt, kommen spannende Ergebnisse dabei raus: Isoglukose und Maissirup seien viel schädlicher, manche behaupten es von Agavendicksaft, die am häufigsten genannte Zuckerart ist Fruktose. Wobei andere sie wiederum als gesünder als Haushaltszucker bezeichnen.
Die Diskussion um Fruchtzucker steht hoch im Kurs. Zunächst klingt er gesund, weil er vom Namen her aus der Frucht stammt. Dann aber wird darauf hingewiesen, dass es der gefährlichste Zucker überhaupt sei, da er in der Leber gespeichert würde. So liest es sich in einem Leserkommentar zu einem Artikel über Zucker(frei). In einem Kommentar wird erwähnt, dass Diabetiker sich nicht mehr trauen Obst zu essen, weil darin ja viel (Frucht)Zucker enthalten ist und sie daher lieber Diät-Kekse essen.
Ist Fruktose wirklich so gefährlich, dass wir besser auf Früchte verzichten sollten? Oder bezieht sich die Kritik nur auf zugesetzten Fruchtzucker in Fertiglebensmitteln und Softdrinks? Wie erkenne ich, ob Fruktose im Lebensmittel enthalten ist? Was hilft bei Fruktose-Unverträglichkeit?
Inhaltsverzeichnis
Was ist Fruchtzucker?
Wie erkenne ich Fruktose in Lebensmitteln?
Was ist fruchtgebundener Zucker?
Ist mehr Fruchtzucker in Lebensmitteln als früher?
Verschiedene Ernährungstypen – wer nimmt wie viel Fruchtzucker auf und wie hoch ist die empfohlene Tageshöchstdosis?
Ein anderer Stoffwechselvorgang als bei Glucose – besser oder schädlicher?
Was ist die Gefahr bei zu viel Fruchtzucker?
Wenn der Fruchtzucker für Unruhe sorgt
Fruktose-Unverträglichkeit? Der H2-Atemtest gibt Aufschluss
Fruchtzucker und Zahngesundheit
Obst bleibt auf dem Speiseplan
Was ist Fruchtzucker?
Fruchtzucker ist ein Einfachzucker und mit Glucose und Galaktose einer der kleinsten Bausteine in der chemischen Zuckerfamilie bzw. der Kohlenhydrate. Saccharose, der Haushaltszucker, besteht aus den zwei Einfachzuckern Glucose und Fruktose, wie der Fruchtzucker auch genannt wird.
Chemisch gesehen ist der Unterschied in der Anzahl der Bausteine. Bei der Verdauung werden Einfachzucker ohne Aufwand ins Blut aufgenommen. Zweifachzucker müssen erst durch Enzyme gespalten werden. Die Verdauung von Zweifachzuckern dauert also etwas länger als die von Einfachzuckern, geht aber immer noch schnell.
Fruktose kommt in Lebensmitteln als freie, isolierte Fruktose oder gebunden als Teil des Haushaltszuckers, im Dreifachzucker Raffinose und als Fruktane vor. Fruktane sind längere Ketten von Fruktose-Einheiten. Bei einer Kettenlänge von weniger als zehn Fruktose-Bausteine werden sie Fruktooligosaccharide genannt, bei längeren Ketten Inuline. Je länger die Kette ist, desto länger dauert die Verdauung und desto langsamer gelangen die einzelnen Zuckerbausteine ins Blut. Anzumerken ist aber auch, dass es neben der Kettenlänge darauf ankommt, wie die Bausteine miteinander verbunden sind. Beispielsweise wird der Zweifachzucker Isomaltulose langsamer ins Blut aufgenommen als Saccharose (Haushaltszucker), obwohl sie beide aus denselben Einfachzuckern (Glukose und Fruktose) bestehen und im Dünndarm vollständig verdaut werden. Die chemische Verbindung zwischen den beiden Einfachzuckern unterscheiden sich voneinander.
Wie erkenne ich Fruktose in Lebensmitteln?
Fruchtzucker fällt unter den Gesamtzuckergehalt, der alle Einfach- und Zweifachzucker enthält und als solcher in der Nährwerttabelle aufgeführt wird. Einzeln wird Fruktose hier nicht genannt, es ist sogar gesetzlich verboten.
Hinweise können in der Zutatenliste zu finden sein. Manchmal ist das Wort „Fruktose“ (oder Fructose geschrieben) aufgeführt zum Beispiel bei Fruktosesirup, Fruktose-Glucose-Sirup und Glucose-Fruktose-Sirup. Wer allerdings genau auf Fruktose achten möchte, muss sich über fruktosehaltige Zutaten informieren. Das sind beispielsweise Honig, Fruchtdicksäfte oder Agavendicksaft.
Was ist fruchtgebundener Zucker?
Wird von fruchtgebundenem Zucker gesprochen, meint das nicht den Fruktosegehalt in der Frucht, sondern um den Gesamtzucker der von Natur aus in der Frucht vorkommt. Gebunden meint nicht isoliert. Denn der Zucker in der Frucht ist eingebettet in Vitaminen, Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen, Wasser und Ballaststoffen. Kommen die Zuckerbausteine zusammen mit diesen gesundheitsfördernden Nährstoffen in den Körper, ist das sehr positiv für die Darmgesundheit und unterstützt die Regulation des Blutzuckerspiegels. Der Verdauungsprozess dauert länger und damit wird auch der Zucker langsamer freigesetzt.
Ist mehr Fruchtzucker in Lebensmitteln als früher?
Mit der Menge Fruktose aus den natürlichen oder kaum verarbeiteten Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Honig und Getreide hat der Körper kein Problem. Schätzungsweise nehmen wir darüber circa 16-20 Gramm Fruktose am Tag auf.
In den letzten Jahren ist die aufgenommene Fruchtzuckermenge allerdings deutlich gestiegen und das nicht, weil wir merklich mehr Früchte, Getreide und Gemüse essen. Die Lebensmittelindustrie hat Fruktose als Süßungsmittel entdeckt. Damit steckt Fruchtzucker lange nicht mehr nur in Obst, Fruchtsäften und Marmeladen. Das Spektrum wurde erweitert auf Softdrinks, Riegeln, Kuchen, Milchshakes, Fruchtbonbons und so weiter. Es wirkt gesünder, wenn in der Zutatenliste Fruktose anstatt Zucker steht.
Es gibt auch weitere Vorteile, warum die Industrie zum Fruchtzucker greift. Wie Haushaltszucker ist Fruchtzucker ein günstiger Rohstoff. Mit der Einführung von High fructose corn syrup (HFCS) (auch synonym mit dem Begriff Isoglukose verwendet) im Jahr 1970 in den USA stieg der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch von 230g HFCS auf 28,4kg im Jahr 1997. Die Herstellung des Zuckers aus subventioniertem Mais war billiger als der herkömmliche Kristallzucker. Gewonnen wird der Sirup, in dem die Maisstärke zu Glucose gespalten wird, der teilweise im nächsten Schritt enzymatisch weiter zu Fruktose weiterverarbeitet wird. Seit 1978 kann durch neuere Verfahren der Fruktosegehalt auf 90% (HCFS-90) gesteigert werden. Der Anteil von 55% Fruktose und 45% Glucose ist die übliche Mischung in der Softdrink-Industrie.
Die Süßkraft von Fruchtzucker liegt bei 1,17, während sie bei Saccharose bei 1,0 und bei Glucose bei 0,67 liegt. Es braucht also weniger Fruktose um eine vergleichbare Süße wie von Haushaltszucker zu erreichen. Das heißt: mehr Süße für weniger Geld. Eingesetzt wird Fruktose auch in kalorienarmen Produkten, weil es den Geschmack von Süßstoffen überdeckt und Aromen verstärkt.
Fruchtzucker kommt also längst nicht nur in Obst vor, sondern wird in vielen verarbeiteten Lebensmitteln eingesetzt. Da Haushaltszucker zur Hälfte aus Fruktose besteht, versteckt sich insgesamt hinter vielen Zuckernamen auch zur Hälfte Fruktose.
Verschiedene Ernährungstypen – wer nimmt wie viel Fruchtzucker auf und wie hoch ist die empfohlene Tageshöchstdosis?
Die Verbraucherzentrale Hamburg stellte exemplarisch Tageskostpläne auf, in denen passend zum jeweiligen Ernährungstyp die Fruktoseaufnahme dargestellt wurde.
Der Gesundheitsbewusste ernährt sich morgens mit Müsli und Fruchtjoghurt, trinkt verteilt über den Tag Obst-Säfte, isst mittags Kartoffeln, Fisch und Salat, und abends 2 Scheiben Brot mit Belag. Vor dem Fernseher wird noch eine Tüte Fruchtgummis gesnackt. Ergebnis: 83,3g Fruchtzucker.
Die Menge summiert sich hauptsächlich aus dem Fruktose-Gehalt in dem Fertigmüsli, Fruchtjoghurt, den Obstsäften und den Fruchtgummis.
Das Grundschulkind isst morgens Cornflakes mit Milch, trinkt in der Schule einen Kakao, mittags gibt es Schnitzel mit Kartoffeln und Salat, und nachmittags Süßigkeiten und ein Fruchtsaftgetränk. Abends gibt es zwei Scheiben Brot mit Belag und ein Quetschie. Am Ende des Tages hat das Kind 57,2g Fruchtzucker aufgenommen.
Hier stammt der Fruchtzucker vor allem aus den Cornflakes, dem Kakao, dem Kuchen, den Süßigkeiten, dem Fruchtsaftgetränk und dem Quetschie.
Der Wellness- und Schlankheitsfan wählt Müsli, Milch, ein Erfrischungsgetränk, Diätdrink, als Mittagessen Hähnchenschnitzel, Kartoffeln und Bohnen, Fitnessriegel und Saft, und abends Vollkornbrot mit Belag. Damit nimmt er 62,5g Fruchtzucker am Tag auf.
Besonders das Fertigmüsli, das Erfrischungsgetränk, der Diät-Drink, der Fitnessriegel und der Saft liefern die hohe Menge Fruktose.
Das Schleckermaul, das sich vor allem von Coca-Cola, Süßigkeiten und Fertiggerichten ernährt, konfrontiert den Körper mit 115,4g Fruchtzucker am Tag. Auch das Knuspermüsli, der Smoothie, der Erdbeer-Milchshake und der Fertigkuchen trägt zu der hohen Menge Fruktose bei.
Bei einer ausgewogenen Ernährung mit wenig verarbeiteten Lebensmitteln und viel selbst zubereiteten Gerichten, dazu als Getränk Mineralwasser anstatt Saft, wird hingegen nur 29,9g Gesamtfruktose aufgenommen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Erwachsenen eine Aufnahme von maximal 10% freien Zucker, was für Erwachsene etwa 50g sind, für Kinder um die 40g. Das umfasst „Mono- und Disaccharide, die Hersteller oder Verbraucher Lebensmitteln zusetzen, sowie in Honig, Sirupen, Fruchtsaftkonzentraten und Fruchtsäften natürlich vorkommende Zucker.“ Darunter fällt auch Fruktose als Einfachzucker, wenn er zugesetzt wurde. In Obst oder Gemüse natürlich vorkommender Fruchtzucker wird nicht mit eingerechnet.
Ein anderer Stoffwechselvorgang als bei Glucose – besser oder schädlicher?
Für die Hälfte der Diabetiker war es Mitte der 2000er Jahre eine Gewohnheit geworden, sich an sogenannten „Diabetiker-Lebensmitteln“ zu orientieren. Gesüßt wurde vor allem mit Fruktose und Zuckeraustauschstoffen. Grund dafür war die Annahme, dass Fruktose verträglicher für Diabetiker sei, da es anders als Glucose insulinunabhängig verstoffwechselt wird und der Blutzuckerspiegel damit nicht ansteigt. Während Glucose einen glykämischen Index (blutzuckersteigernde Wirkung) von 100 hat, liegt er bei Fruktose bei 19.
Fruchtzucker wird über die Leber abgebaut und verstoffwechselt, da es keinen Zwischenspeicher für Fruktose gibt. Bei hohen Mengen wird es daher direkt zu Fett umgebaut. Stefan Kabisch, Studienarzt des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam sowie der Berliner Charité, kommentiert: „Heute gibt es Hinweise darauf, dass der Fruchtzucker bevorzugt als Fett eingelagert wird, vor allem in Form von Leberfett und viszeralem Bauchfett."
Allerdings ist das nicht nur bei reiner Fruktoseaufnahme so. Philipp Gerber von der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung berichtet von einer Studie über die Auswirkung von hohem Konsum von Limonaden. Demnach kurbelte der Haushaltszucker die Fettsynthese sogar mehr an als dieselbe Menge Fruchtzucker. „Schon 80 g Zucker täglich – etwa 0,8 l Softdrink – kurbeln die Fettproduktion in der Leber an. Und die Überaktivität hält längere Zeit an, selbst wenn kein Zucker mehr zugeführt wird“, berichtet Gerber.
Wissenschaftler aus den USA hinterfragen die gängige Erklärung von der Verstoffwechselung von Fruchtzucker in der Leber. Professor Stephan Martin ist Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums (WDGZ) in Düsseldorf und informiert in einem Artikel in der Ärztezeitung, dass in zwei Arbeiten aufgezeigt wurde, dass Fruktose in üblichen Mengen aufgenommen zu Glucose und organischen Säuren abgebaut wird. „Nur bei hohen Fruktosemengen scheint die Kapazität dieses Mechanismus überlastet zu sein und Fruktose gelangt in die Leber. Doch wie kann man sich diese Erkrankungen nun erklären, wenn die Fruktose die Leber überhaupt nicht erreicht? Gelangt Fruktose in flüssiger Form zum Beispiel über Fruchtsäfte oder gesüßte Softdrinks in den Darm, könnte dies kurzzeitig die Umwandlung zu Glukose in der Darmmukosa überlasten und in Folge Fruktose in die Leber gelangen, spekulieren die Autoren.“ Das kann eine Erklärung dafür sein, warum vor allem fruktosereiche Getränke mit dem Erkrankungsrisiko assoziiert sind und frische Früchte nicht.
Was ist die Gefahr bei zu viel Fruchtzucker?
Wird bei einer Mahlzeit eine hohe Menge Fruktose (ca. 35-50g) aufgenommen, kann der Körper sie nicht vollständig durch die Zellen der Dünndarmschleimhaut aufnehmen. Die Fruktose gelangt in den Dickdarm und wird dort von Bakterien verarbeitet. Dabei entsteht Kohlendioxid, Wasserstoff, Methan und kurzkettige Fettsäuren, was zu Blähungen, Darmkrämpfen, Durchfällen und Bauchschmerzen führt.
Die Oecotrophologin Christiane Schäfer erklärt: „Sehr große Fruchtzuckermengen von über 35 Gramm pro Stunde sprengen aber auch bei vielen Gesunden die Aufnahmekapazität. 35 Gramm Fruktose sind zum Beispiel in sechs getrockneten Feigen, einer halben Tüte (110 g) Rosinen oder zwei Gläsern (550 ml) Apfelsaft enthalten. Aber auch die allseits beliebten Wellnessgetränke beinhalten zum Teil erhebliche Fruktosemengen. Die Folge sind Verdauungsbeschwerden mit abführender Wirkung. Wenn alle Verdauungs- und Transportsysteme in unserem Magen-Darm-Trakt vorbildlich arbeiten, kann der Genuss von einer großen Portion Trockenobst zwar zu Blähungen führen, aber nach Abgehen der Winde oder spätestens beim nächsten Stuhlgang ist die Verdauungswelt wieder in Ordnung.“
Ein Ergebnis von einer fruktosenreichen Mahlzeit kann ein erhöhter Appetit sein. Anstatt zu sättigen, verstärkt Fruktose das Hungergefühl. Wer sich nicht satt fühlt, tendiert zu einer weiteren Portion und damit zu einer überhöhten Kalorienaufnahme.
Die genannten Auswirkungen gelten für einzelne fruktosereiche Mahlzeiten. Bleiben das nicht Ausnahmen, sondern werden fruchtzuckerreiche Speisen und Getränke über längere Zeit aufgenommen, sind die Folgen fataler.
Eine hohe Fruktose-Aufnahme steht im Zusammenhang mit Übergewicht und Diabetes Mellitus Typ 2. Es kann außerdem zu erhöhten LDL-Cholesterin- und Blutfettwerten kommen, die Herz-Kreislauferkrankungen zugrunde liegen. Professor Andreas Pfeiffer vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) weist darüber hinaus auf die Stoffwechselvorgänge in der Leber hin: „Dies wird auch in epidemiologischen Studien bestätigt, in denen die Fettleber eng mit dem Fruktosekonsum zusammenhängt. Bei Kindern konnte sogar gezeigt werden, dass kurzfristige Einschränkung der Fruktoseaufnahme zu schneller Verbesserung der Fettleber führt."
Eine weitere Folge von hohem Fruktosekonsum kann Gicht sein. Die vielen Zuckermoleküle fördern die Harnsäurebildung, wodurch Ablagerungen von Harnsäurekristallen in Gelenken entstehen, die dann stark schmerzen, gerötet und geschwollen sind.
Eine Übersichtsarbeit zeigte auf, dass die aktuelle Studienlage Hinweise liefere, dass hohe Fruktosemengen einen metabolischen negativen Effekt habe, es aber nicht eindeutig festzustellen sei, ob die Fruktose der alleinige Grund für die Beobachtungen ist. „Verlässliche klinische Daten, die eine klare Korrelation zwischen Fruktosekonsum und der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes-mellitus darlegen, existieren bis dato nicht, da der Fruktosekonsum in den derzeitigen Studien immer auch mit dem Konsum von Glucose, sei es in Form von Saccharose oder HFCS, einhergeht.“, erklärt Dr. med. Sebastian Stricke et al. aus der Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie des Zentrums für Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Wenn der Fruchtzucker für Unruhe sorgt
Wenn die hohe Fruchtzuckermenge im gesunden Verdauungssystem zu Magen-Darm-Beschwerden führt, ist die einfache Lösung: auf Smoothies, Light-Produkte, Kaugummis, gesüßte Getränke, Fruchtsäfte und Süßigkeiten verzichten und die Beschwerden stellen sich in der Regel ein.
Sind trotz Reduzierung die Beschwerden nach drei bis vier Wochen unverändert, könnte eine Fruktosemalabsorption vorliegen. Das lässt sich durch einen H2-Atemtest beim Arzt herausfinden. Möglicherweise ist das Verdauungssystem nicht nur überlastet, sondern gestört.
Oft wird dann von einer vermuteten Fruktoseintoleranz gesprochen. Dabei gibt es einen großen Unterschied zwischen einer Intoleranz und einer Malabsorption. Bei einer Fruktoseintoleranz liegt ein angeborener Enzymdefekt in der Leber vor, der sich schon im Säuglingsalter zeigt, meistens dann, wenn mit der Beikost angefangen wird. Schon bei kleinen Fruktosemengen reagiert der Körper mit Magen-Darm-Beschwerden, Unterzuckerung, Gerinnungsstörungen bis hin zu Vergiftungserscheinungen. Betroffen sind etwa 1 von 100.000 Menschen und sie müssen ihr ganzes Leben auf Fruktose verzichten.
Fruktose-Unverträglichkeit? Der H2-Atemtest gibt Aufschluss
Beim H2-Atemtest wird eine Lösung aus Wasser und 25 g Fruktose getrunken und anschließend über zwei bis drei Stunden der Wasserstoffgehalt (H2) der Atemluft mithilfe eines Atemgerätes gemessen. „Reagiert der Körper schon bei weniger als 25 Gramm Fruktose empfindlich, spricht man von einer Fruktosemalabsorption.“, heißt es beim Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt.
Eine Überprüfung einer Unverträglichkeit mittels eines Blut(zucker)tests oder eines Schnelltests für zuhause ist nicht aussagekräftig.
„Bei normaler Fruktoseexposition (in Studien 25 Gramm Fruchtzucker) entwickelten circa 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung Symptome“, erklärt Kabisch. Ist die gegebene Fruktosemenge höher, ist der Anteil der Menschen, die darauf reagieren deutlich höher. Wenn eine Lösung von 50g Fruchtzucker in 250 ml Wasser verwendet würde, wären etwa 70% der Ergebnisse falsch positiv. Werden also viele mit Fruktose gesüßte Produkte gegessen, ist die Wahrscheinlichkeit eine Fruktosemalabsorption zu entwickeln hoch. Kinder sind stärker betroffen als Erwachsene. Geschätzt wird, dass bei 30% der Kinder und 20% der Erwachsenen eine Fruktosemalabsorption vorliegen, wobei nicht alle Betroffene Symptome zeigen.
Bei positivem Befund vom H2-Atemtest sollte für maximal zwei Wochen Fruktose, der Zuckeralkohol Sorbit und Ballaststoffe reduziert werden, um den Verdauungstrakt zu entlasten. Das gilt jedoch nur für die zweiwöchige Karenzphase und nicht dauerhaft. Denn anders als bei einer Intoleranz sollte bei einer Malabsorption nicht vollständig auf Fruktose verzichtet werden. Das wäre sogar schädlich, da dadurch die Verwertbarkeit von Fruktose noch weiter sinkt.
Nach der kurzen Karenzphase folgt eine Testphase, die etwa sechs Wochen dauert: Wie viel Fruktose vertragen wird, ist individuell unterschiedlich und hängt von Essverhalten und Lebensmittelkombinationen ab. „Die Empfindlichkeit ist allerdings stark abhängig davon, wie schnell die aufgenommene Fruktose im Dünndarm landet. Je länger eine fruktosehaltige Mahlzeit im Magen verweilt und portionsweise in den Dünndarm entlassen wird, desto eher kann das Transportprotein der anflutenden Menge an Fruktose gerecht werden und diese vollständig aufnehmen. In einem solchen Fall kommt es zu keinerlei Symptomen.“, schreibt das Helmholtz Zentrum München. Die Verweildauer im Magen kann durch Fett, Eiweiß und Ballaststoffe verlängert werden. Beispielsweise ist eine Frucht in einem Müsli mit Joghurt, Nüssen und Haferflocken besser verträglich als das Obst auf leeren Magen. Regelmäßige Mahlzeiten unterstützen gute Verdauungsvoraussetzungen. Verkürzt wird die Verweildauer durch viel Zucker, Stärke und hohe Flüssigkeitsmengen.
Fruktose und Sorbit
Sorbit ist ein Zuckeralkohol, der natürlicherweise in Früchten vorkommt, aber auch als Zuckeraustauschstoff (E 420) in zuckerfreien oder -reduzierten Lebensmitteln eingesetzt wird. Die meisten Menschen, die auf freie Fruktose empfindlich reagieren, vertragen auch kein Sorbit. Dabei geht es nicht um eine isolierte Sorbit-Unverträglichkeit, die selten ist. Sorbit blockiert die Fruktose-Aufnahme im Dünndarm, sodass noch mehr Fruchtzucker in den Dickdarm gelangt.
Fruktose und Glucose
Ein ausgeglichenes Verhältnis von Glucose zu Fruktose, wie es im Haushaltszucker vorliegt, wird besser vertragen. Eine vollständige Erklärung dafür ist noch nicht abschließend erforscht. Vermutet wird, dass neben dem hauptsächlichen Weg über die Leber ein kleiner Teil Fruktose mit der Glucose passiv diffundiert und in den Abbauweg der Glucose eingeschleust wird.
Für Früchte und Lebensmittel mit einem Verhältnis von Glucose zu Fruktose von 1:1 gibt es Tabellen, in denen Betroffene von einer Fruktosemalabsorption nachschauen können, welche Lebensmittel vermutlich besser verträglich sind. Beispielsweise wird die Banane besser vertragen als eine Birne, und Ahornsirup ist in Maßen gut verträglich anders als Agavendicksaft.
Anzumerken ist, dass dieser Effekt begrenzt ist. Daher sollte insgesamt der Zuckerkonsum im Rahmen bleiben und auf stark gezuckerte Getränke, Milchprodukte und Müslis verzichtet werden.
Was fehlt dem Körper noch?
Wer unter einer Malabsorption leidet, sollte verschiedene Nährstoffe im Blick behalten und den Nährstoffstatus im Blut vom Arzt zwischendurch überprüfen lassen. Möglicherweise kann der von dem Fruchtzucker überlastete Körper nicht genug Tryptophan aufnehmen. Das bedeutet, dass nicht genügend Hirnbotenstoff Serotonin gebildet werden kann. Depressive Verstimmungen und vermehrt Lust auf Süßes sind mögliche Folgen daraus.
Ebenso kann in Verbindung mit Fruktosemalabsorption ein niedriger Folsäurespiegel auftreten. Das war vor allem bei Menschen jenseits der 35 Jahre der Fall, wie der Studienleiter Maximilian Ledochowski von der Uni-Klinik Innsbruck und sein Team bei einer Studie feststellten. Sie vermuten, dass die Fruktose die Darmflora in den tieferen Bereichen des Darms verändert, sodass die Folsäure nicht so gut verwertet werden kann.
Eine weitere Beobachtung von Ledochowski lautete: „In unserer Studie war kein einziger Patient mit Zinkmangel zu finden, der nicht gleichzeitig eine Fructose-Malabsorption zeigte.“ Ein Zinkmangel kann zu Durchfällen und zu einer höheren Infektanfälligkeit führen.
Fruchtzucker und Zahngesundheit
Wer oft zuckerhaltige Lebensmittel isst, begünstigt die Vermehrung schädigender Bakterien, die zu einer Entkalkung der Zähne und zu Karies führen. Vom Zucker ernähren sich die Mundbakterien und bilden als Abfallprodukt aggressive Säuren. Grundsätzlich verwerten die Bakterien alle Zuckerarten gleich, sei es Glucose, Galaktose oder Fruktose.
Bei einer Studie fanden Forscher heraus, dass es keinen Unterschied auf den Zahnschmelz macht, ob der Zucker in fester Form in Obst aufgenommen wird oder in freier Form als Saft. „Bezüglich des Kariesrisikos ist es somit unerheblich, in welcher Form Obst und Gemüse eingenommen werden. Selbst bei Tomaten und Karotten, die einen relativ geringen Zuckergehalt aufweisen, wurden deutliche Demineralisationseffekte beobachtet. Dies gilt auch für Rosinen mit einem hohen intrinsischen Zuckergehalt, die von Vielen als gesunde Zwischenmahlzeit betrachtet werden.“, berichten die Forscher.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass weniger die Menge für Karies entscheidend ist, als vielmehr die Häufigkeit der Zuckerzufuhr und die Verweildauer im Mund. Als Schutz für die Zahngesundheit gilt damit als oberste Regel: Besser Süßes zu einer Mahlzeit essen als über den Tag verteilt. „Denn, wenn danach genügend Zeit ohne weitere zuckerhaltige Nahrungsaufnahme zur Verfügung steht, kann sich der Zahnschmelz durch die neutralisierende Wirkung des Speichels wieder erholen (Remineralisation).“, schreibt der Zahnarzt Dr. Reinhard Uhlig.
In Früchten oder Säften wird gleichzeitig zum Zucker noch Fruchtsäure aufgenommen. „Mit Säure kann unser Zahnschmelz nicht gut umgehen, er weicht mit der Zeit auf und wird durchlässig, weil Mineralien herausgelöst werden.“, erklärt das DentNet, ein Netzwerk aus Zahnarztpraxen, Krankenkassen, Dentalunternehmen und Verwaltung. Außerdem raut Säure die Zahnoberfläche auf, sodass Verfärbungen und Bakterien besser haften können. Ist der Zahnschmelz zu stark angegriffen, verliert er seine Schutzfunktion, die Zähne werden empfindlich und schmerzen. Dr. Uhlig rät daher: „Auch hier gilt die Empfehlung, Säfte und Obst zu den Hauptmahlzeiten einzunehmen oder als Zwischenmahlzeit. Mit dem Zähneputzen sollte nach „sauren Mahlzeiten" mindestens 30 Minuten gewartet werden, bis der Speichel die Säure verdünnt hat.“ Um die Reinigung durch den Speichel zu fördern, macht es dann doch einen erheblichen Unterschied, ob Obst oder Saft verzehrt wird. Denn Obst muss im Gegensatz zu Saft gut gekaut werden, was den Speichelfluss anregt. Äpfel oder Nüsse „putzen“ sogar durch die raue Oberfläche die Zähne und hemmen die Bildung von Zahnstein. Die beispielsweise in Weintrauben enthaltene Polyphenole reduzieren Zahnfleischentzündungen und bremsen die schädliche Wirkung der Säuren. Diese Vorteile bringt Saft nicht mit.
Obst bleibt auf dem Speiseplan
Wer bei einer Mahlzeit zu viel Fruktose aufgenommen und danach Beschwerden hat, muss nicht direkt alle Früchte für immer aus seiner Nahrung streichen. Selbst wenn eine diagnostizierte Fruchtzucker-Malabsorption vorliegt, ist das Ziel einer Ernährungsumstellung nach etwas Zeit wieder Obst essen zu können - am besten in Kombination mit anderen Lebensmitteln.
Obst kann auf dem Speiseplan bleiben, denn bei einem normalen Konsum von Früchten, ist die kritische Menge an Fruktose kaum erreichbar. Anders ist das bei Fruchtsäften, in denen der Fruktosegehalt hoch und der Zucker isoliert ist, und die daher nur sparsam verzehrt werden sollten. Das gilt auch für Limonaden, Cola und Süßigkeiten, die oft mit Fruktose gesüßt werden.
Fruchtzucker ist nicht gesünder als andere Zuckerarten. Er wird zwar anders als Glucose insulinunabhängig verstoffwechselt, jedoch ist der Weg über die Leber kein Freifahrtschein für einen unbedachten Zuckerkonsum. Generell ist der Körper nicht darauf ausgelegt, unbegrenzt Energie und Nährstoffe aufzunehmen. Die Empfehlung der Fachgesellschaften Deutsche Adipositas-Gesellschaft, Deutsche Diabetes Gesellschaft und Deutsche Gesellschaft für Ernährung, für eine gesundheitlich unbedenkliche Aufnahme an freiem Zucker liegt bei 10% der Gesamtenergie, was bei einem durchschnittlichen Bedarf von 2000 kcal 50g Zucker pro Tag entspricht. Dieser Wert gilt unabhängig von Art und Herkunft des Zuckers. Ausgenommen von den empfohlenen maximal 50g Zucker sind Lebensmittel mit natürlich vorkommendem Zucker wie beispielsweise Früchten.
Quellen
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