Unsere Zutaten – Haferflocken

Natur- und Umweltkatastrophen, Unfälle in großtechnischen Anlagen, großflächige Tierseuchen oder terroristische Anschläge - für Krisensituationen, in denen die Lebensmittelversorgung knapp werden könnten, gibt es einen staatlichen Lebensmittelvorrat, der sich auf mehr als 150 Lagerstandorte im Bundesgebiet verteilt. Die Verantwortung des Staates ist im April 2017 im Ernährungssicherstellungs- und Vorsorgegesetz verankert worden. Die Nahrungsmittel sollen „im Krisenfall über Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen vor allem an Verbraucher in den Ballungsregionen abgegeben werden, um die dortige Bevölkerung zumindest mit einer warmen Mahlzeit am Tag verpflegen zu können“, so heißt es vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf der Website zur Ernährungsvorsorge. Eingelagert werden die Grundversorgungsmittel für etwa 10 Jahre. Die Lebensmittel wurden aufgrund ihres ernährungsphysiologischen Nährstoffprofils und der Lagerfähigkeit ausgewählt: Reis, Erbsen, Linsen, Kondensmilch, Weizen, Roggen und Hafer.

In der Tat steckt im Hafer - vom Stroh bis zum Korn - eine ordentliche Portion Gesundheitspotential, was nicht erst in Krisenzeiten ausgeschöpft werden sollte.

Inhaltsverzeichnis
Hafer als Heilmittel
Steckbrief: Herkunft, Anbau, Verbrauch
Hafer-Produktpalette – Grütze, Flocken, Mehl, Kleie
Haferdrink und -joghurt – die beliebte vegane pflanzliche Milchalternative
Ist Hafer immer Vollkorn?
Hafer - ein glutenfreies Getreide?
Das Gesundheitspotential vom Haferkorn - Welche Nährstoffe stecken in Hafer?
Ballaststoffreich– Was steckt hinter Beta-Glucan?
Wenn der Hafer sticht…

Hafer als Heilmittel

Bei vielen Krankheiten gibt es pflanzliche Möglichkeiten, die die Genesung unterstützen. Seit 1999 wählt der Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Universität Würzburg eine Pflanze aus, deren medizinische Wirkung in pharmakologischen und klinischen Studien belegt wurde. 2017 kürten sie den Echten Hafer zur Arzneipflanze des Jahres. Haferstroh, Kraut und Korn können auf verschiedene Weise eingesetzt werden.

Das Stroh „wird für Bäder verwendet, die bei Hautverletzungen und Juckreiz helfen sollen.“, erläutert Dr. Johannes Gottfried Mayer vom Institut für Geschichte der Medizin. Haferstrohbäder werden schon seit mehreren hundert Jahren bei Hautkrankheiten eingesetzt. Andreas Matthiolus, der von 1501 bis 1577 lebte und Leibarzt Kaiser Maximilians II. war, sagte, dass „es gegen Hauterkrankungen bei Kindern kein besseres Mittel gäbe als ein Bad mit der Abkochung von Haferstroh.“ Dabei werden 100g Haferstroh (grüne, kurz vor der Blüte geerntete, gedroschene Laubblätter und Stängel) für ein Vollbad benötigt. Für die heilende Wirkung werden die Kieselsäure, Flavonoide und Saponine verantwortlich gemacht. Flavonoide sind entzündungshemmend, Saponine stärken die Immunabwehr.

Die Kommission E, die von 1978 bis 1995 für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Wissen über pflanzliche Arzneimittel zusammengetragen und wissenschaftlich geprüft hat, bestätigte nur für das Haferstroh eine medizinische Wirkung. Nichtsdestotrotz werden auch traditionell das Haferkraut und das Korn genutzt, um Beschwerden zu lindern. Denn auch im Kraut sind Saponine und Flavonoide enthalten. Außerdem stecken viele Mineralien wie Kalium, Kalzium und Magnesium im Kraut. Extrakte aus dem Kraut werden in verschiedenen Hautpflegemitteln wie Cremes oder Badezusätze eingesetzt und helfen vor allem bei der Behandlung von Neurodermitis oder bei leichten Hautentzündungen wie bei Sonnenbrand. Teeaufgüsse mit Haferkraut werden traditionell bei Anspannung, Erschöpfung und Nervosität eingesetzt, die Wirkung ist aber nicht belegt.

Neben Stroh und Kraut, hilft auch das Korn bei Hautproblemen. Der Allergieinformationsdienst berichtet, dass ebenfalls Haferflocken als Badewasserzusatz die Symptome bei Neurodermitis lindern. Er verweist unter anderem auf eine Studie, bei der der Effekt von Haferflockenpulver im Badewasser oder als Kaltpackung bei 41 Kindern mit milder bis schwerer Neurodermitis untersucht wurde. Bei fast einem Drittel führte es zum kompletten Abheilen der Entzündung, 23 Prozent berichteten von einer deutlichen Verbesserung des Ausschlags.

Nicht nur zur gesundheitlich äußerlichen Anwendung eignet sich das Korn. Auch in der Ernährung bieten die Getreideflocken reichlich Argumente, sie im Alltag auf den Speiseplan zu schreiben und nicht nur bei Magen-Darm-Beschwerden Haferschleim zu essen. Denn im Vergleich zu allen anderen Getreidearten steckt in Hafer der höchste Gehalt an Fett, Eiweiß und Calcium. Ebenso liefern die Körner gesundheitliches Potential mit seinen Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen.

Steckbrief: Herkunft, Anbau, Verbrauch

Der Saathafer gehört zu der Familie der Süßgräser. Typisch für den Hafer ist, dass er viele verzweigte Rispen hat und die Körner anders als bei anderen Getreidesorten eng aneinander in einer Ähre reifen. Das macht das Ernten schwieriger und den Ertrag kleiner.

Durch die Rispen reifen die Körner ungleichmäßig. Manche Körner sind bereits reif und locker, während andere Körner noch Zeit bräuchten. „Der optimale Erntetermin ist ein Kompromiss: Es gilt, möglichst viele trockene Körner zu ernten und gleichzeitig die Verluste reifer Körner zu begrenzen.“, informiert der Industrieverband Agrar.

Obwohl Deutschland sich als Anbaugebiet eignet, weil Hafer gut auf kargen Böden wächst und viel Regen verträgt, ging der Anbau in den letzten 50 Jahren zurück. Erst seit 2020 werden die Anbauflächen wieder ausgeweitet. Die Nachfrage nach Hafer ist hoch, denn für Hersteller und Verbraucher werden regionale Herkunft von Lebensmitteln und Umwelt- und Klimaschutzaspekte wichtiger. Dadurch könnte die Importmenge aus Skandinavien und Osteuropa reduziert werden.

Der Pro-Kopf-Verbrauch an Hafer in Deutschland liegt rein rechnerisch für die Saison 2020/2021 bei 4 Kilogramm. Würde diese Menge nur in Haferflocken verzehrt, würde jede/r Deutsche pro Tag einen schwach gehäuften Esslöffel Haferflocken in sein Müsli geben. Im Vergleich zu den Vorjahren steigt erfreulicherweise der Verbrauch, der für die Saison 2018/19 bei 3,2 Kilogramm lag. Im Vergleich zu 70 Kilogramm Weizenmehl pro Kopf spielt Hafer aber weiterhin eine untergeordnete Rolle.

Hafer-Produktpalette – Grütze, Flocken, Mehl, Kleie

Hafer bietet in der Lebensmittelindustrie eine breite Anwendungspalette. Die Körner werden weiterverarbeitet zu kernigen, zarten und löslichen Haferflocken, Grütze, Hafermehl und Hafercerealien (Extrudate). Seltener dient Hafer als Ausgangsprodukt für Whisky.

Für Aufläufe, Suppeneinlage oder als Beilage eignet sich Hafergrütze, die durch das Zerteilen von Haferkörnern entsteht.

Weit verbreitet sind Haferflocken. Nach der Ernte wird der Hafer entspelzt, gegebenenfalls geschält, gedämpft und gewalzt. Die kernigen Haferflocken oder auch Großblatthaferflocken werden aus ganzen Haferkörnern hergestellt, für zarte Haferflocken oder Kleinblatthaferflocken werden die Körner vorher geschnitten. Das Dämpfen dient dazu, die Stärke etwas aufzuschließen, wodurch die Haferflocken besser verdaulich werden.

Hafermehl entsteht, wenn Haferflocken oder -grütze fein vermahlen wird. Ein Brot oder Brötchen kann als Haferbrot verkauft werden, wenn 20 Prozent des Teigs aus Hafermehl oder -flocken besteht. Da Hafer keine guten Backeigenschaften aufweist, sind Haferbrote mit anderen Getreidemehlen vermischt.

Für lösliche Haferflocken, die in Shakes, Saucen oder in Kleinkindernahrung verwendet werden, wird zunächst Hafervollkornmehl hergestellt, das zu dünnen Flocken gewalzt wird.

Haferkleie gibt es in Form von Grieß oder löslichen Flocken zu kaufen. Hierbei handelt es sich nicht mehr um das ganze Korn, sondern hauptsächlich um die Randschichten und den Keim. Der Nährwert und der Ballaststoffgehalt sind höher als bei Haferflocken oder -Grütze. Der Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS e.V. erklärt: „Haferkleie-Grieß sind die gröberen Teile, die bleiben, wenn Randschichten und Keimling des Kerns grob gemahlen und gesiebt werden.“

Die Herstellung von Hafercerealien beziehungsweise -extrudate benötigt hohen Druck. Das Hafervollkornmehl wird mit Wasser und weiteren Zutaten zu einem flüssigen Teig vermischt, gekocht und unter Druck in eine Verdichtungsschnecke gepresst. Dabei kann es zu unterschiedlichen Formen gepresst werden. Danach verdampft das Wasser und die Form wird fest. Die Konsistenz ist knusprig.

Zunehmend haben auch Milch- und Joghurtalternativen aus Hafer an Bedeutung gewonnen.

Haferdrink und -joghurt – die beliebte vegane pflanzliche Milchalternative

Seit einiger Zeit gibt es verschiedene Pflanzendrinks zu kaufen, die eine vegane Alternative zu klassischer Kuhmilch bieten. Zuerst als Sojamilch, Mandelmilch oder Hafermilch auf den Markt gekommen, mussten die Hersteller alle Verpackungen ändern, denn der Europäische Gerichtshof entschied, dass nur gemolkene Milch von Tieren als „Milch“ bezeichnet werden darf. Pflanzliche Alternativen tragen seitdem die Bezeichnung „Drink“.

Für die steigende Nachfrage an Pflanzendrinks sind vor allem Umwelt-, Klima- und Tierschutzmotive verantwortlich. Manche Verbraucher wollen aus reiner Neugier einen anderen Geschmack ausprobieren. Andere vertragen keine Lactose und wählen deswegen pflanzliche Alternativen.

Der meiste Umsatz bei pflanzlichen Milchalternativen wird mit Haferdrink gemacht. Hergestellt wird er, indem die Haferkörner gemahlen werden, Wasser zugefügt und fermentiert wird. Bei der Fermentierung wird ein Teil der Stärke mithilfe von zugesetzten Enzymen zu Zucker abgebaut, was den Haferdrink leicht süß schmecken lässt, ohne dass Zucker zugesetzt werden muss. Nach der Zugabe von pflanzlichem Öl wird der Drink homogenisiert und ultrahocherhitzt, um eine längere Haltbarkeit zu erreichen. Manche Hersteller mischen noch weitere Zutaten rein, wie beispielsweise Calcium- oder Vitaminzusätze. Vom Nährwert und Zuckergehalt ist Haferdrink vergleichbar mit fettarmer Kuhmilch. Aus Haferdrink kann als nächster Schritt Haferjoghurt hergestellt werden, indem bei warmer Umgebung Joghurtbakterien zugesetzt werden. Die Bakterien lassen die cremige Konsistenz entstehen.

Haferdrink ist mit Abstand die beliebteste pflanzliche Milchalternative. Das hat neben dem nussig-süßlichem Geschmack insbesondere mit der guten Ökobilanz durch die Regionalität zu tun. „Pflanzliche Milchalternativen schneiden sowohl beim Ausstoß von Treibhausgasen als auch beim Land- und Wasserverbrauch um bis zu 95 % besser ab als Kuhmilch. Hafermilch steht dabei besonders gut da. Ihr kommen auch die kurzen Transportwege des Hafers zugute, denn das Getreide lässt sich in unseren Breiten gut anbauen.“, berichtet Ulrika Brandt von ProVeg, Expertin für den pflanzlichen Lebensmittelmarkt.

Ist Hafer immer Vollkorn?

In der dritten Regel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung heißt es „Vollkorn wählen“, denn „Getreideprodukte aus Vollkorn sättigen und haben einen hohen gesundheitlichen Nutzen.“

Die Definition von Vollkorn vom europäischen HEALTHGRAIN Forum lautet: „Vollkorn soll aus den ganzen, gemahlenen, geschroteten oder flockierten Körnern bestehen, nachdem die nicht-essbaren Teile, wie Spelzen und Hülsen entfernt wurden. Die Hauptkomponenten des anatomischen Aufbaus – das stärkehaltige Endosperm, der Keimling und die Schale – sind im gleichen Verhältnis vorhanden wie im ganzen Korn.“

Das beinhaltet bei Hafer Vollkornsauerteig, Vollkornmehl, Vollkornschrot, Hafer gepufft, Hafer geschält und Grütze. Die Flocken (ob kernig, zart oder löslich) sind damit Vollkornprodukte, denn bei der Herstellung werden Randschichten und Keim mitverarbeitet. Ein Erhitzungsschritt ist notwendig, damit der Hafer durch das enthaltene Fett nicht ranzig wird und haltbar bleibt. Wer also 100 Prozent unverfälschten Genuss des vollen Korns haben möchte, kann die Haferkörner jeden Tag selbst frisch walzen. Werden die frischen Flocken allerdings zu lange gelagert oder im Wasser gequollen, oxidieren die Fettsäuren und sorgen für einen unangenehm bitteren Geschmack.

In der NOVA-Klassifikation werden Haferflocken, Grütze und Mehl der ersten Verarbeitungsgrad-Stufe zugeordnet: unverarbeitete bis minimal verarbeitete Produkte. Lebensmittel aus der ersten Stufe „sollten den Hauptanteil in der täglichen Ernährung stellen.“, schreibt die Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention.

Während Haferflocken also zu den Vollkorn-Produkten zählt, gehört Haferkleie nicht dazu, da es sich nicht mehr um das vollständige Korn handelt. Das gilt auch für Produkte aus Nicht-Vollkornhafer (Mehl, Sauerteig, Backschrot, Grieß), Haferdrink und Haferjoghurt - sie gehören nicht zu den Vollkornprodukten.

Hafer - ein glutenfreies Getreide?

Im Getreide befindet sich ein Eiweißbestandteil, der bei manchen Personen Beschwerden auslöst: Gluten, bestehend aus löslichen Prolaminen und unlöslichen Glutelinen. Deswegen sollten Betroffene, die intolerant (Zöliakie), allergisch oder sensitiv auf das Getreideprotein reagieren, auf Getreideprodukte verzichten oder zumindest stark einschränken.

Hafer bildet jedoch eine Ausnahme unter den Getreidesorten. Das liegt zum einen an der kleineren Menge Prolamin im Vergleich zu den anderen Getreidesorten und zum anderen verursacht das im Hafer vorkommende Prolamin Avenin bei der überwiegenden Mehrheit keine Schädigung der Dünndarmschleimhaut. Die meisten Zöliakiebetroffene vertragen Hafer, obwohl er streng genommen nicht glutenfrei ist.

Im Verarbeitungsprozess kann es allerdings schnell zu Verunreinigungen kommen, wenn der Hafer zusammen mit Weizen, Roggen, Dinkel und Co. gelagert wird und über dieselben Maschinen verarbeitet wird. Glutenfrei ausgelobter Hafer wird gesondert von anderen Getreidesorten angebaut und verarbeitet. Der Glutengehalt liegt unter 5ppm, was der vorgeschriebene Höchstwert für eine glutenfreie Auslobung ist.

Personen, die auf Gluten verzichten müssen, sollten glutenfreie Haferflocken in ihre Ernährungsgewohnheiten integrieren, so lange keine Beschwerden auftreten, raten Experten. In der Leitlinie für Zöliakie-Betroffene heißt es: „Haferflocken verbessern eine glutenfreie Diät geschmacklich, erhöhen das Sättigungsgefühl, die Variabilität der glutenfreien Diät und damit die Lebensqualität.“

Das Gesundheitspotential vom Haferkorn - Welche Nährstoffe stecken in Hafer?

„Entspelzte Haferkörner enthalten 55% Kohlenhydrate, 12,6% Eiweiß, 10% Ballaststoffe, 7% Fett und 1,2% Mineralstoffe sowie bedeutende Mengen an B-Vitaminen.“, informiert das Lebensmittellexikon. Wenn der Morgen mit 50g Haferflocken im Müsli gestartet wird, sind schon 23% des Tagesbedarfs an Vitamin B1, 9% an Pantothensäure und 25% an Biotin im Körper. Mit 87μg Folsäure pro 100g Haferflocken decken 50g über 10% des Tagesbedarfs. Ebenso die fettlöslichen Vitamine E und K sind reich vorhanden. Hinter den 1,2% Mineralstoffen verbergen sich vor allem Magnesium, Phosphor, Eisen, Mangan und Zink.

Wird der Hafer verarbeitet, gehen kaum Vitamine verloren. Bei extrudierten Haferflakes, die auch Zucker enthalten, sind noch etwa 60% an Vitamin B1 und Folsäure im Vergleich zum vollen Korn enthalten. Vitamine in Hafer gelten als hitzestabil, was möglicherweise am Fett- und Ballaststoffgehalt liegt.

Mit 7% Fett weist Hafer einen zwei- bis dreimal höheren Fettanteil als Weizen auf. Dieser beinhaltet viele einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Von der essentiellen Fettsäure Linolsäure sind 2,4g pro 100g Haferflocken enthalten, wodurch 50g Haferflocken den täglichen Bedarf um 23% deckt. Linolsäure hat eine senkende Wirkung auf den Cholesterinspiegel im Blut.

Ganz besonders wertvoll sind die Ballaststoffe im Hafer. Die Deutsche Gesellschaft empfiehlt eine tägliche Aufnahme von 30g Ballaststoffen. Mit einer Portion Haferflocken sind schon 17% davon gedeckt. In 100g Haferflocken sind etwa 5g der Ballaststoffe wasserlöslich und 5g wasserunlöslich. Hervorzuheben ist der wasserlösliche Ballaststoff Beta-Glucan, dessen gesundheitliche Wirkung wissenschaftlich gut belegt ist.

Ballaststoffreich– Was steckt hinter Beta-Glucan?

Im Haferkorn findet sich der lösliche Ballaststoff Beta-Glucan (β-Glucan) vor allem in der äußeren Schicht des Mehlkörpers und in den Kornrandschichten. Viele Studien belegen positive Wirkungen durch den löslichen Ballaststoff, der übrigens ebenfalls in nennenswerter Menge in Gerste vorkommt (4,8%). Es geht dabei um blutzuckerregulierende, sättigende und cholesterinsenkende Effekte, ebenso den Beitrag für einen gesunden Darm und das Immunsystem.

Sättigungsgefühl

Wenn man Haferflocken über Nacht in Wasser oder Joghurt einweichen lässt, kann man das enorme Quellvermögen der Ballaststoffe beobachten. Werden die Haferflocken erst zum Frühstück ins Müsli gegeben, findet der Effekt im Körper statt: Beta-Glucane binden Wasser und quellen damit auf, sodass das Mahlzeitenvolumen vergrößert wird. Das führt zu einer stärkeren Magenwanddehnung und der Nahrungsbrei wird langsamer vom Magen in den Dünndarm abgegeben. Wir fühlen uns schneller und länger satt.

Blutzuckerspiegel

Eng mit dem größeren Mahlzeitenvolumen und der langsameren Magenentleerung verbunden, ist die langsamere Resorption der Nährstoffe (also die Aufnahme der Nährstoffe ins Blut). Die aufgenommene Menge Zucker, die beispielsweise aus den Früchten im Müsli stammt, gelangt nicht vollständig mit einem Mal ins Blut, sondern nach und nach. Das lässt den Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigen und damit wird weniger Insulin ausgeschüttet.

Sowohl die sättigende, als auch die blutzuckerregulierende Wirkung hat einen positiven Effekt auf das Gewicht.

Diese positiven Eigenschaften von Hafer sind insbesondere für Betroffene mit Diabetes Mellitus Typ 2 bedeutsam. Die Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention berichtet: „Insbesondere in der Therapie von Diabetes-Patienten werden Hafertage, -diäten oder -kuren häufig durchgeführt, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Voraussetzung für die Blutzucker-regulierende Wirkung ist die Aufnahme von mindestens 4 Gramm Beta-Glucanen aus Hafer oder Gerste.“

Darmgesundheit und Immunsystem

Die Wissenschaft entdeckt immer mehr, wie der Darm und seine Bewohner mit der Gesundheit und dem Wohlbefinden zusammenhängen. Und unsere Ernährung hat wiederum Einfluss auf die Darmbewohner. „Als Marker für ein stabiles Mikrobiom beim Gesunden gilt die Reichhaltigkeit der Bakterien. Auch Stoffwechselprozesse wie die Fermentation von Ballaststoffen sind Merkmal eines gesunden mikrobiellen Ökosystems“, sagt Prof. Dirk Haller Lehrstuhl für Ernährung und Immunologie an der TU München.

Der Ballaststoff Beta-Glucan wird von den Bakterien im Dickdarm zu den kurzkettigen Fettsäuren Acetat, Butyrat und Propionat verstoffwechselt. „Diese wirken als wahre Multitalente auf Stoffwechsel und Organe: Sie dienen beispielsweise den Schleimhautzellen im Darm als Energiequelle und fördern somit die Schleimbildung. Gleichzeitig stärken sie die Darmbarriere, tragen zu einem sauren Milieu bei und wirken positiv auf den Blutzucker- und Fettstoffwechsel, die Regulation des Appetits sowie die Leber und Gefäße.“, berichtet das Bundeszentrum für Ernährung. Butyrat wirkt darüber hinaus entzündungshemmend, wodurch gerade Betroffene mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen von den Ballaststoffen der Haferflocken Nutzen ziehen können. Zudem sorgen die kurzkettigen Fettsäuren für das Beibehalten einer intakten Darmbarriere, die das Eindringen von Keimen in den Körper verhindert.

Der Erhalt und die Förderung der nützlichen Bakterien verringern die Entwicklung schädlicher Bakterien, die Entzündungen fördern und Toxine freisetzen.

Momentane Forschungen beschäftigen sich mit einem möglichen Zusammenhang zwischen Beta-Glucan und der Behandlung von Krebs, Geschwüren, Infektionserkrankungen, Verbrennungen, Depressionen und Traumata.

Cholesterinspiegel

Beta-Glucan aus Hafer beeinflusst den Cholesterinspiegel positiv. Der Ballaststoff bindet im Darm die Gallensäure, die daraufhin ausgeschieden wird. Dadurch muss die Leber neue Gallensäure bilden, für die es auf das bereits vorhandenen Cholesterin zurückgreift. Dadurch sinkt der Cholesteringehalt im Blut.

Um das Cholesterin durch Beta-Glucan zu senken ist allerdings eine gewisse Menge notwendig, sodass ein Lebensmittel mit einer Auslobung zur cholesterinsenkenden Wirkung mindestens 3g Beta-Glucan enthalten muss.

Vermutet wird, dass neben dem Beta-Glucan auch andere Inhaltsstoffe des Hafers für die Wirkung mitverantwortlich sind, wie etwa die Fettsäure Linolsäure und die sekundären Pflanzenstoffe Phytosterine und Polyphenole. Denn Präparate mit Beta-Glucan erzielten weniger Effekte als die Aufnahme von Haferflocken.

Wenn der Hafer sticht…

Wenn jemanden der Hafer sticht, dann verhält er sich übermütig oder ist besonders tatendurstig. Die umgangssprachliche Redewendung stammt eigentlich aus der Pferdehaltung: Reichlich mit Hafer gefütterte Pferde sprühen vor Energie und sind schwierig im Zaum zu halten.

Einen so direkten Effekt haben Haferflocken bei uns nicht, wenn wir sie morgens im Müsli essen. Da brauchen wir wohl doch noch die Tasse Kaffee dazu. Langfristig gesehen hat das Getreide aber eine sehr positive Wirkung auf unsere Gesundheit und damit auf unsere Energie.

Haferflocken, sind kaum behandelt, liefern wertvolle Nährstoffe, insbesondere die ungesättigten Fettsäuren, die B-Vitamine und einige Mineralstoffe, die für das Funktionieren des Körpers wichtig sind. Durch den hohen Ballaststoffanteil sorgen die Körner nicht nur dafür, dass wir länger satt sind, sondern haben zudem eine regulierende Wirkung auf Cholesterin und Blutzucker, die mit den ernährungsassoziierten Erkrankungen Diabetes Mellitus Typ 2 und Bluthochdruck im Zusammenhang stehen.

 

 

 

 

Quellen:
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