Zuckeralternative: die kalorienfreie Süße

Theoretisch wissen wir, dass zu viel Zucker nicht gesund ist. Wer sich mit Zucker assoziierten Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauferkrankungen beschäftigt hat, versucht oft bewusster auf den Zuckergehalt zu achten. Da scheinen Getränke und Lebensmittel, auf denen „zuckerfrei“ oder „zero“ steht, genau das Richtige zu sein. Und obwohl kein Zucker enthalten ist, schmeckt es trotzdem süß. Statt Zucker sind dafür Süßstoffe verantwortlich.

Süßstoffe gelten als gute Zuckeralternative, denn der süße Geschmack bleibt ohne negative Konsequenzen. Keine Kalorien, keine Verstoffwechslung, keine Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel. Das klingt fast zu schön um wahr zu sein. So sind auch die Reaktionen sehr unterschiedlich. Kann man Süßstoffe bedenkenlos nutzen? Sind Süßstoffe krebserregend? Gibt es natürliche Süßstoffe oder sind alle künstlich? In welchen Lebensmitteln finden sich Süßstoffe? Kann man wirklich mit Süßstoffen abnehmen?

Inhaltsverzeichnis
Was sind Süßstoffe?
Welche Süßstoffe gibt es?
Zulassung und Prüfung – wie sicher sind Süßstoffe?
Was sind ADI-Werte?
Wo kommen Süßstoffe vor?
Das grüne Stevia-Blatt - wie natürlich ist der Süßstoff?
Sind Süßstoffe krebserregend? - Potenzielle Risiken oder Nebenwirkungen
Sind Süßstoffe eine Alternative für Menschen mit Diabetes?
Durch Süßstoffe ab- oder zunehmen?
Süßstoffe im Leitungswasser
Sind Süßstoffe für Kinder, Schwangere und Stillende geeignet?
Eine akzeptierte und akzeptable Zucker-Alternative?

Was sind Süßstoffe?

Süßstoffe gehören neben Zuckeralkoholen zu den Süßungsmitteln und damit zu der Gruppe der Zusatzstoffe. Sie unterliegen bei der Verwendung in Lebensmitteln in der Europäischen Union eine Zulassungspflicht. Zur Zeit sind 19 Süßungsmittel erlaubt, davon sind acht Zuckeraustauschstoffe und elf Süßstoffe.

Süßstoffe sind künstlich erzeugte oder natürliche Ersatzstoffe für Zucker, die Lebensmittel einen süßen Geschmack verleihen oder als Süßstofftabletten in Kaffee oder Tee verwendet werden. Die Mehrheit der Süßstoffe sind künstlich hergestellt und haben sehr komplexe chemische Strukturen. Nur selten werden sie aus natürlichem Ursprung gewonnen.

Die Süßkraft ist im Verhältnis zu Zucker deutlich stärker, sodass auch nur eine kleine Menge davon gebraucht wird. Im Vergleich zu Saccharose (Haushaltszucker) ist die Süßkraft 35 bis 37.000-fach höher. Die chemischen Strukturen von Süßstoffen sind unterschiedlich, werden größtenteils nicht verstoffwechselt und sind nicht kariogen (Karies verursachend). Einige Süßstoffe haben einen Bei- oder Nachgeschmack.

Welche Süßstoffe gibt es?

Die Tabelle zeigt die elf zugelassenen Süßstoffe, die dazugehörende E-Nummer, eine Höchstmengenbegrenzung (ADI= Acceptable Daily Intake), die Süßkraft und seit wann sie zugelassen sind.

Süßstoffe

Zulassung und Prüfung – wie sicher sind Süßstoffe?

Viele Menschen stehen den künstlichen Stoffen kritisch gegenüber, heißt es doch von Experten, dass natürliche Lebensmittel zu bevorzugen sind. Sind Süßstoffe unbedenklich?

„Wie alle Lebensmittelzusatzstoffe sind Süßstoffe regulierte Substanzen, die vor der Marktzulassung einer Sicherheitsbewertung unterzogen werden.“ Dafür ist die EFSA (European Food Safety Authority) seit 2003 zuständig. Das wissenschaftliche Expertengremium wird beraten vom Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids and Materials in Contact with Food (Panel AFC). Bei erfolgreicher Bewertung auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit vergeben EFSA und das Panel AFC eine E-Nummer. Ebenso muss für jeden zugelassenen Süßstoff eine jeweils akzeptable tägliche Aufnahmemenge aufgeführt sein.

In der Zusatzstoffzulassungsverordnung (ZZulV) ist der Einsatz von Süßungsmitteln (Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe) charakterisiert und geregelt. Nur in bestimmten Lebensmitteln dürfen Süßstoffe verwendet werden. Ebenso gibt es Vorgaben für Höchstmengen und die Kennzeichnung. Wird einem Lebensmittel Süßstoffe zugesetzt, muss das auf der Verpackung im Zutatenverzeichnis erkennbar sein: mit „Süßungsmittel“, der Name, die zugehörige E-Nummer sowie der deutliche Hinweis „mit Süßungsmittel(n)“.

Zugelassene Zusatzstoffe müssen immer wieder einer Neubewertung unterzogen werden. Die Süßungsmittel sollten bis Ende 2020 neu gesichtet werden, „aufgrund des großen Arbeitsvolumens wird das Programm jedoch wahrscheinlich über diesen Zeitpunkt hinaus fortgeführt.“, informiert die EFSA. „Ende 2019 begannen unsere Sachverständigen mit der Neubewertung von Süßungsmitteln, der letzten Gruppe zugelassener Lebensmittelzusatzstoffe, die bis 2020 neu bewertet werden sollen. Vor der eigentlichen Neubewertung wurden „wissenschaftliche Protokolle“ erarbeitet, um vorab festzulegen, wie Toxizität und Verbraucherexposition dieser Stoffe zu bewerten sind.“

Saccharin ist seit über 120 Jahren in Gebrauch und wurde vor allem in den Weltkriegen hochdosiert eingesetzt, weil Zucker nicht mehr verfügbar war. Es gab keine Berichte über negative Folgen. Vermutlich ist Saccharin damit der sicherste Süßstoff.

Die damaligen Studien zu Aspartam blieben fragwürdig. Die EFSA hat die Neubewertung von Aspartam daher vorgezogen und statt 2020 schon im Jahr 2013 eine vollständige Risikobewertung zu Aspartam veröffentlicht. „Das Gutachten gelangte zu dem Schluss, dass Aspartam und seine Abbauprodukte für die allgemeine Bevölkerung (einschließlich Säuglingen, Kindern und Schwangeren) unbedenklich sind.“

Was sind ADI-Werte?

Bei der gesundheitlichen Bewertung von den meisten Süßstoffen wurde ein ADI-Wert festgelegt (Acceptable Daily Intake, ADI). Die Menge (in mg/kg Körpergewicht) kann jeden Tag ohne zu erwartende gesundheitliche Folgen aufgenommen werden.

Basis der festgelegten Werte sind Tierexperimente. Über einen längeren Zeitraum bekommen die Tiere die Zusatzstoffe täglich mit dem Futter zugeführt. Dabei ist die Konzentration des Süßstoffes relativ hoch. Die Menge, bis zu der keine unerwünschten Auswirkungen aufgetreten sind, wird als No-Observed-Adverse-Effect-Level, kurz NOAEL bezeichnet. Ein Sicherheitsfaktor (gewöhnlich von 100) garantiert, dass Unsicherheiten und interindividuelle Unterschiede (Übertragung vom Tier auf den Menschen) berücksichtigt sind. Außerdem soll damit gesichert werden, dass auch empfindlichere Personen, Kinder, alte und kranke Menschen die Menge unbedenklich verzehren können.

Wo kommen Süßstoffe vor?

Neben der Menge ist auch die Auswahl an Lebensmitteln, in denen Süßstoffe verwendet werden dürfen, eingeschränkt. Auf der Verpackung muss auf das Süßungsmittel, der Name und die E-Nummer hingewiesen werden. Ein Produkt, das mit „zuckerfrei“, „ohne Zuckerzusatz“ oder mit „light“ beworben wird, enthält oft Süßungsmittel.

Eingesetzt werden Süßstoffe vor allem in

  • Zuckerfreien Getränken
  • Süßwaren
  • Desserts
  • Brotaufstrichen
  • Marmeladen
  • Konfitüren
  • Kaugummis
  • Konserven (Obst, Gemüse, Fisch, Meeres- & Weichtier)
  • Milchprodukten
  • Feinkostsalaten
  • Senf
  • Soßen

Süßstoffe bringen mit wenig Menge viel Süße mit ins Lebensmittel. Sie können daher nicht eins zu eins Haushaltszucker ersetzen. Zucker bringt nicht nur Süße ins Lebensmittel, er ist auch für die Konservierung, Struktur und das Volumen im Lebensmittel zuständig. Süßstoffe übernehmen von Zucker nur den süßen Geschmack und haben sonst keine weitere Funktion. Die fehlende Masse wird durch Füllstoffe erreicht, wie beispielsweise Cellulose.

Eine hohe Menge an Saccharin schmeckt metallisch, Neohesperidin mentholartig. Um den störenden Eigengeschmack zu umgehen, werden mehrere Süßstoffe gemischt. Außerdem ist die Süßkraft dadurch verstärkt (Synergismus). Eine häufige Kombination ist Saccharin und Cyclamat.

In Bio-Produkten sind keine Süßstoffe erlaubt. (Als einziges Bio-Süßungsmittel ist der Zuckeraustauschstoff Erythrit zugelassen. In einigen Obstsorten, Pilzen und Käse kann Erythrit natürlicherweise in kleinen Mengen vorkommen.)

Am Ende des Artikels befindet sich eine Tabelle mit den Eigenschaften der einzelnen Süßstoffe und ihre Verwendung.

Das grüne Stevia-Blatt - wie natürlich ist der Süßstoff?

Seit Ende 2011 ist Stevia (beziehungsweise Stevioglycoside) als Süßstoff zugelassen. Ursprung der Süße ist eine Staudenpflanze aus Südamerika, die Stevia rebaudiana, auch als Süßblatt oder Honigkraut bezeichnet. Mittlerweile wird sie hauptsächlich in China angebaut.

Die Pflanze selber hat in der EU als neuartiges Lebensmittel keine Zulassung bekommen, da es bisher keine ausreichend toxikologische Untersuchungen zu den Blättern gibt. Nur die Extrakte aus der Pflanze sind als Zusatzstoff zugelassen. Auf Verpackungen von Lebensmitteln, in denen Stevia enthalten ist, werden gerne grüne Blätter aufgeführt, um damit Natürlichkeit anzudeuten. „Steviolglykoside sind keine Natursüßungsmittel, da sie in einem sehr aufwendigen chemischen und physikalischen Verfahren aus den getrockneten Stevia-Blättern herausgelöst, anschließend gereinigt, isoliert und konzentriert und weiter zu Pulver verarbeitet werden.“, beurteilt die Verbraucherzentrale. Stevia ist nicht natürlicher und hat keinen gesundheitlichen Vorteil gegenüber anderen Süßstoffen.

Eingesetzt wird der kalorienfreie Süßstoff in Softdrinks, Milchprodukten, Frühstückszerealien, Tafelsüßen und Süßwaren wie Schokolade oder Lakritze. Durch den ADI-Wert von 4 mg/kg Körpergewicht kann Stevia nicht unbegrenzt im Produkt verwendet werden, weswegen es oft mit anderen Süßungsmitteln kombiniert wird. Damit soll auch der lakritz-ähnliche Eigengeschmack verbessert werden, der nicht immer willkommen ist.

Ob ein Süßstoff mit natürlichem Ursprung gesünder ist, dazu äußert sich Elisabeth Schnell-Bächer, pädagogische Leiterin des Verbands der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland, so: „Mit Stevia gesüßte Fertigprodukte und voraussichtlich auch Getränke sind nicht notwendigerweise gesünder. Wie auch bei Produkten mit herkömmlichen Süßstoffen sollte beim Verbraucher nicht der Eindruck entstehen, dass solche Lebensmittel unbedenklich konsumiert werden können, da sie vermeintlich keinen Einfluss auf den Blutzucker oder das Gewicht haben“.

Stevia-Tafelsüße in Tablettenform oder Streusüße enthält als Füllstoff noch den Zuckeralkohol Erythrit oder den Mehrfachzucker Maltodextrin. Letzteres wird aus Stärke gewonnen und liefert Energie. Der Kaloriengehalt ist dann so hoch wie der von normalen Haushaltszucker. Allerdings reicht wegen der hohen Süßkraft eine deutlich kleinere Menge im Vergleich zu Zucker.

Sind Süßstoffe krebserregend? - Potenzielle Risiken oder Nebenwirkungen

Bevor Zusatzstoffe eine Zulassung erhalten, werden sie eingehend auf Risiken und Nebenwirkungen geprüft und bewertet. Mit dem Sicherheitsfaktor wird eine für jeden unbedenkliche Höchstmenge festgelegt. Dennoch bleiben bei Verbrauchern Zweifel, ob die künstlichen Süßstoffe sicher und gesund sind.

Vor allem der Süßstoff Aspartam ist Gegenstand der Diskussion. Die Stoffwechselprodukte von Aspartam - Asparaginsäure, Phenylalanin und Methanol - standen im Verdacht Kopfschmerzen, Allergien, neuroendokrine Veränderungen, Epilepsie oder Hirntumore zu verursachen. Diese Vermutungen konnten nicht bestätigt werden. Laut der U.S. Food and Drug Administration ist kaum ein Zusatzstoff so umfassend untersucht worden wie Aspartam. Über 100 Studien unterstützen die Unbedenklichkeit. Nur Menschen mit der erblichen Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie sollten auf Lebensmittel mit Aspartam verzichten. Laut Zusatzstoff-Zulassungsverordnung muss daher ein Produkt den Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ tragen.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum informiert zur Frage, ob Zusatzstoffe krebserregend sind: „Zugelassene Zusatzstoffe verursachen nach derzeitigem Kenntnisstand weder Krebs, noch schädigen sie in einer anderen Art und Weise die Gesundheit, solange sie nur in den vorgesehenen Mengen verwendet werden.“ Sie weisen darauf hin, dass keine Belege für eine krebssteigernde Wirkung von Süßstoffen gefunden wurden und nach aktueller Datenlage keine Krebsgefahr durch zugelassene Süßstoffe ausgehen.

Insgesamt konnte bisher bei allen zugelassenen Süßstoffen keine schädlichen Langzeitwirkungen nachgewiesen werden.

Allerdings werden die Zusatzstoffe einzeln geprüft. Wie sich größere Mengen unterschiedlicher Süßstoffe und Mischungen auswirken, muss noch untersucht werden.

Sind Süßstoffe eine Alternative für Menschen mit Diabetes?

Laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ist der maßvolle Gebrauch von Süßstoff für Diabetiker unbedenklich. In einer Studie war der Blutzuckerspiegel bei Mäusen nach dem Verzehr von Süßstoffen angestiegen. Dafür seien aber unrealistisch hohe Mengen notwendig. Süßstoffe seien als gelegentlicher Zusatz für Getränke oder Lebensmittel für Betroffene von Diabetes mellitus sinnvoll.

Dr. med. Kristina Rother sieht das kritischer. Sie forscht am National Institutes of Health (NIH) in Washington im Bereich Süßstoffe und findet die Hinweise auf Insulinresistenz durch Süßstoffe bedenklich. Bei einer randomisierten Studie bekamen übergewichtige Probanden sucralosehaltige Getränke und wiesen danach Zeichen einer Insulinresistenz auf. Die Kontrollstudie mit gesunden normalgewichtigen Probanden kam zum selben Ergebnis. Rother ist der Meinung, dass „der Zusammenhang zwischen Sucralose und Insulinresistenz praktisch nachgewiesen ist“. Vermutlich gelte das auch für andere Süßstoffe wie Saccharin und Acesulfam-K. Dr. med. Stefan Kabisch, Mediziner und Forscher am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam sieht diese Studie noch nicht als endgültigen Beweis, eher als Aspekt, der noch weiter untersucht werden muss.

Eine weitere Vermutung, warum Süßstoffe Einfluss auf den Insulinstoffwechsel haben könnten, wird am Andocken der Süßstoffe an den gleichen Geschmacksrezeptoren, die auch Zucker binden, begründet. Das Registrieren des süßen Geschmacks beeinflusst die Ausschüttung von Hormonen (Inkretinen) im Darm, die wiederum Appetit und Insulinausschüttung steuern. Der Körper bereitet also durch die Aktivierung der Geschmacksrezeptoren die Verstoffwechselung von Zucker vor, der dann aber nicht verarbeitet werden muss.

Die Datenlage der Studien ist sehr kontrovers. „Im Tiermodell und im Menschen ist die Studienlage jedoch inkonsistent, aussagekräftige Untersuchungen fehlen bisher.“, schreibt Dr. med. Tim Hollstein im Deutschen Ärzteblatt. Es besteht also weiterhin Forschungsbedarf, insbesondere was die Auswirkungen auf den Stoffwechsel betrifft.

Die allgemeine Ernährungsempfehlung für Betroffene mit Diabetes lautet: „Auch für Diabetiker wird eine vollwertige Ernährung empfohlen, wie sie von der DGE für gesunde Erwachsene generell empfohlen wird. Nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand benötigen Diabetiker keine speziellen diätetischen Lebensmittel.“ Kalorienreduzierte Produkte können aber durchaus gewählt werden. Bei zuckerfreien oder zuckerreduzierten Produkten sollte ein zweiter Blick auf die Nährwerttabelle geworfen werden, ob nicht der niedrigere Zuckerwert durch andere Inhaltsstoffe wie Fett kompensiert wurde.

Durch Süßstoffe ab- oder zunehmen?

Interessant sind Süßstoffe auch für Personen, die abnehmen wollen, da sie kalorienfreie Süße bringen. Einen Teil der Kalorien, die durch Zucker aufgenommen werden, kann damit eingespart werden, ohne auf den süßen Geschmack verzichten zu müssen.

Laut Ergebnissen einer Metaanalyse konnte durch eine Diät mit Süßstoffen die Energiezufuhr um 250 Kilokalorien gesenkt werden, allerdings wurde dabei keine Gewichtsreduktion erreicht. Der Grund hierfür ist nicht genau bekannt.

„Immer wieder wird die Frage aufgeworfen, ob der süße Geschmack gepaart mit fehlenden Kalorien nicht erst recht den Appetit anregt und zum Essen motiviert.“, berichtet Dr. med. Bettina Wölnerhanssen vom St. Claraspital Basel. In Tierstudien hatten Ratten nach der Aufnahme von Zucker zunächst kein Interesse mehr an Futter. Hatten sie hingegen Süßstoff bekommen, war der Appetit unbegrenzt. In der Magnetresonanztomografie wurde der Einfluss von Süßstoffen auf das Appetitzentrum untersucht und es zeigte sich, dass sie anders wirken als Kristallzucker. „Dies konnte aber in Humanstudien nie abschließend belegt werden.“

Die wenig eindeutige Studienlage lässt Experten von einem längeren Konsum größerer Mengen Süßstoffe abraten. „Süßstoffe mögen als diätetisches Hilfsmittel hilfreich sein, für eine optimale Gesundheit wird empfohlen, nur minimale Mengen von Zucker und Süßstoffen zu konsumieren“, so Prof. Dr. Robert Mach von der Universität Wien. Ähnlich drückt sich auch Dr. Kabisch aus: „Sinnvoller ist eine generelle Zurückhaltung bei süßen Lebensmitteln.“

Süßstoffe im Leitungswasser

Prof. Dr. Robert Mach von der Universität Wien sieht neben der Frage nach den Wirkungen von Süßstoffen im Körper auch den Umweltaspekt. Das Technologiezentrum Wasser vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfachs e.V. berichtet: „Bislang wurden die vier Substanzen Acesulfam, Cyclamat, Saccharin und Sucralose in den Gewässern gefunden. Da sie weitgehend unverändert ausgeschieden werden, sind sie in vergleichsweise hoher Konzentration im kommunalen Abwasser nachweisbar. Bei einer konventionellen mechanisch-biologischen Abwasserreinigung werden die Süßstoffe unterschiedlich eliminiert. Während Saccharin und Cyclamat zu mehr als 90 Prozent entfernt werden, werden Acesulfam und Sucralose kaum eliminiert.“ Bei der Trinkwasseraufbereitung existieren bisher nur wenige Verfahren zur Entfernung von Süßstoffen, für Acesulfam und Sucralose fehlen sie. „In Deutschland gibt es derzeit keine gesetzlichen Regelungen zum Vorkommen von Süßstoffen im Trinkwasser.“ Es sei derzeit nicht absehbar, wie sich Süßstoffe auf die Umwelt auswirke, meint Prof. Dr. Mach.

Zu der gefundenen Menge Süßstoff im Trinkwasser erklärt Björn Marquardt, Leiter des Trink- und Abwasserlabors von Hamburg Wasser: „Unsere Kundinnen und Kunden können unser Leitungswasser weiter bedenkenlos trinken, es gibt keinerlei Gefahr für die Gesundheit. Ein Mensch müsste mehrere zehntausend Liter Wasser trinken, um so viel Süßstoff aufzunehmen, wie in einer Süßstofftablette steckt.“

Damit das Grundwasser aber auch in Zukunft rein bleibt, fordern Wasserexperten, dass erst gar keine Süßstoffe in den Wasserkreislauf gelangen. „Nur so lassen sich die Grundwasservorräte für die nachfolgenden Generationen schützen.“

Sind Süßstoffe für Kinder, Schwangere und Stillende geeignet?

Für Kinder sind Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe nicht zu empfehlen. Die gesundheitlichen Auswirkungen in der Wachstumsphase sind nicht abzuschätzen. Kritisch ist auch die Gewöhnung an einen sehr süßen Geschmack.

Schwangere und Stillende sollten vorsichtshalber auf große Mengen Süßstoff verzichten, denn auch hier ist die Studienlage kontrovers. In einer Studie mit 120.000 Schwangeren wurde ein Vergleich zwischen Light-Getränken und zuckerhaltigen Limonaden gemacht. Die Gruppe mit den Süßstoff-Getränken hatten ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten. In einer anderen Studie war die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht im Säuglingsalter erhöht, wenn die Mütter in der Schwangerschaft Süßstoff konsumiert hatten.

Festgestellt wurde, dass Süßstoffe über die Muttermilch an das Kind weitergebeben werden. Dr. med. Kristina Rother empfiehlt: „Solange wir nicht genau wissen, was Süßstoffe im kindlichen Organismus bewirken, würde ich persönlich Schwangeren und stillenden Müttern von einem Konsum abraten.“

Eine akzeptierte und akzeptable Zucker-Alternative?

Nach aktuellem Forschungsstand sind die in der EU zugelassenen Süßstoffe eine unbedenkliche und akzeptable Zucker-Alternative, so lange sie unterhalb der ADI-Grenzen aufgenommen werden. Die verschiedenen kontroversen Studien lassen aber Fragen offen, vor allem was der Einfluss von Süßstoffen auf die Darmflora, die Appetitregulation und den Insulinspiegel betrifft. Hier bedarf es weiterer Forschung.

Bei einer Befragung des innofact-Institut im Jahr 2015 gaben rund 73% der Befragten an, dass künstliche Süßstoffe für sie keine Alternative zu Zucker seien. Die Statistik zeigt ebenfalls eine klare Präferenz für Haushaltszucker: Während weltweit knapp 50.000.000 Tonnen Haushaltszucker konsumiert wurden, waren es nur knapp 19.000 Aspartam und 1.000 Tonnen Stevia. Wegen der Süßkraft muss berücksichtigt werden, dass im Vergleich zu Zucker eine geringere Menge Süßstoff ausreicht. Aber selbst mit dem Süßkraft-Faktor 140 für Aspartam, bleibt der Haushaltszucker deutlich vorne. Trotz der überwiegenden Bevorzugung von klassischem Zucker, steigt der Konsum von Süßstoffen. In den USA konsumieren Kinder dreimal so viel Süßstoff im Vergleich zum Jahr 2000, Erwachsene haben ihren Süßstoffkonsum seitdem verdoppelt.

Die Verbraucherzentrale gibt zu bedenken: „Obwohl immer mehr Süßstoffe konsumiert werden, ist weder der Zuckerkonsum zurückgegangen noch hat sich die Zahl der Übergewichtigen verringert.“ Daher sind Süßstoffe keine endgültige Lösung für den süßen Genuss ohne Reue. Die Empfehlung bleibt: allgemeine Reduktion von Zucker in der Nahrung, eine breitere Auswahl von Süßungsmitteln in moderater Menge und mehr Natürliches als Künstliches.

 

 

 

Eigenschaften und Verwendung der einzelnen Süßstoffe

Süßstoffe und ihre Eigenschaften

 

 

Quellen
Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe – Teil 1. Knies, Jana Maria (2018). Ernährungs Umschau 8/2018 https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/15-08-2018-zuckeraustauschstoffe-und-suessstoffe-teil-1/
Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe – Teil 2. Knies, Jana Maria (2018). Ernährungs Umschau 9/2018 https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/13-09-2018-zuckeraustauschstoffe-und-suessstoffe-teil-2/
Update Süßstoffe – Neues über Nutzen und Risiken. Astrid Tombek (2010). Ernährungs Umschau 57 (2010) S. 196–200 https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/12-04-2010-special-update-suessstoffe-neues-ueber-nutzen-und-risiken/
https://suessstoff-verband.info/suessstoff-wissen/suessstoffe-ueberblick/
Bewertung von Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen https://www.bfr.bund.de/cm/343/bewertung_von_suessstoffen.pdf
Achtung, Zucker! – Die schlimmsten Zuckerfallen und die besten Alternativen. Verbraucherzentrale, 2017
https://www.bfr.bund.de/cm/343/suessstoff-sucralose-beim-erhitzen-von-lebensmitteln-koennen-gesundheitsschaedliche-verbindungen-entstehen.pdf
https://www.bzfe.de/lebensmittel/lebensmittelkunde/suessungsmittel/
https://www.diabetesde.org/fakten-suessstoffe
https://www.aerzteblatt.de/archiv/203793/Zuckerersatz-und-Insulinresistenz-Suessstoffe-als-Stoffwechselrisiko
Süßer Irrtum: Welchen Nutzen haben künstliche Süßstoffe? https://www.aerzteblatt.de/blog/100333/Suesser-Irrtum-Welchen-Nutzen-haben-kuenstliche-Suessstoffe
Lebensmitteltechnologie: Stevia, Süßstoff der Zukunft? – Ernährungs Umschau 3/2012
https://www.verbraucherzentrale.de/sites/default/files/migration_files/media245758A.pdf
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/schlankheitsmittel-und-diaeten/kokosblueten-birkenzucker-stevia-co-kein-sinnvoller-zuckerersatz-13370
https://www.oekolandbau.de/bio-im-alltag/einkaufen-und-kochen/produktinfos/lebensmittel/suessungsmittel/erythrit/
https://www.ernaehrungs-umschau.de/news/16-12-2014-deutsche-diabetes-gesellschaft-suessstoff-in-massen-unbedenklich/#
Zucker vom weißen Gold zur verschmähten Zutat_21_Forum https://www.gesunde-ernaehrung.org/files/rw_stiftung/Veranstaltungen/Ern%C3%A4hrungsforum/2017/Zusammfassung_21_Forum.pdf
https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/lebensmittelzusatzstoffe.php
Raffinierter Zucker – Wertvolle Energie oder physiologischer Unsinn? Bettina K. Wölnerhanssen (2020). Quintessenz Zahnmedizin, Jahrgang 71, Ausgabe 5/2020
https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/food-additive-re-evaluations
https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/sweeteners
https://www.bundestag.de/resource/blob/405996/c86a53d6e682837b7becb9cb80692275/WD-5-218-14-pdf-data.pdf
http://www.grundwasserdatenbank.de/bilder/pdf/TZW_Suessstoffe_Benzotriazole_Info.pdf
https://www.aerzteblatt.de/archiv/203793/Zuckerersatz-und-Insulinresistenz-Suessstoffe-als-Stoffwechselrisiko
https://www.hamburgwasser.de/privatkunden/themen/suessstoffe-belasten-das-grundwasser/